Die GRÜNEN scheiterten in der Sitzung des Kreis-Verkehrsausschusses am 12.2.2020 mit dem Antrag, eine Resolution für einen Baustopp der B239n zwischen Herford und Lage zu verabschieden.
Im Folgenden nehmen wir Stellung anhand der Zahlen und Fakten aus dem Bundesverkehrswegeplan (BVWP) und zu einigen wichtigen Punkten, die in dem LZ Artikel unrichtig genannt wurden.
Die Lippische Landeszeitung berichtete am 21. Februar 2020 ausführlich über die Stellungnahme.
Stellungnahme
In dem LZ-Artikel finden sich Zeitangaben. Die dort von Strassen.NRW genannten 10 Minuten Zeitersparnis bei einem Neubau der B239n, sind im Bundesverkehrswegeplan nicht zu finden oder sonst in irgendeiner Form belegt. Laut BVWP ist der größte wirtschaftliche Nutzen für die Volkswirtschaft, Zitat: „Einzelreisezeitgewinne größer als 60 Sekunden“. In diesem Zusammenhang ist die Frage erlaubt, wann die Zerstörung unserer lippischen Heimat in einer solchen Dimension gerechtfertigt sein kann – bei einer Minute, fünf Minuten oder zehn Minuten Reisezeitgewinn?
Die Grundplanungen zur B239n sind über 50 Jahre alt und haben sich in all den Jahrzehnten nicht grundlegend geändert. Der Originaltext Bundesverkehrswegeplans sagt, dass um Lage „auf eine erneute Linienbestimmung verzichtet werden kann, da die optimierte Linie weitgehend mit der 1967 bestimmten Linie identisch ist“.
Die Pläne werden zwar von Strassen.NRW immer wieder überarbeitet und stellen somit eine „aktuelle Planung“ dar. Im Kern ist diese Planung jedoch ein verkehrspolitischer Dinosaurier und ein – wider besseren Wissens – asphaltiertes und betoniertes „Weiter-so“, was wir uns angesichts von Klimawandel und Artensterben nicht leisten können.
Der vom Menschen verursachte Klimawandel erfordert ein sofortiges Umlenken in der Verkehrspolitik. Außerdem sind die von der Bundesregierung beschlossenen 40-42% Einsparung von Treibhausgasen im Verkehrsbereich bis 2030 als Beitrag zum Klimaschutz mit solchen Planungen keinesfalls zu erreichen.
Im BVWP wird die ‚Flächeninanspruchnahme’ mit 51,9 Hektar aufgeführt und die ‚Inanspruchnahme von Vorrangflächen des Landschaftsschutzes’ mit 94,5 Hektar.
Das bedeutet eine direkte Versiegelung und eine weitere Verschlechterung für insgesamt rund 146 Hektar Ackerland, Wald, Auen und Wohnraum.
Ein Problem dabei: Einzelreisezeitgewinne von mehr als 60 Sekunden (beziffert mit 350 Millionen EUR) und neu entstehenden Kfz-Verkehre (bewertet mit 86 Millionen EUR) werden als Millionengewinn für die Volkswirtschaft unterstellt und eingerechnet – der Verbrauch der genannten 146ha Land ist laut Bundesverkehrswegeplan dahingegen gleichzeitig nicht „monetarisierbar“ – kostet mithin nichts. Ein unglaublicher Vorgang, der zu Recht auf immer breiteren Widerstand stößt.
Wenn Argumente für einen Straßenneubau schwierig zu finden sind, wird reflexartig gerne auf die „überlebenswichtige Notwendigkeit für die Wirtschaft“ verwiesen. Eine zynische Formulierung, die durch keine Studie belegbar ist. Fakt ist: Die Wirtschaft in OWL boomt seit Jahren, auch ohne einen Neubau der B239n und weiterer Bundesstraßen.
Interessant sind die unterschiedlichen Interpretationen über die Auswirkungen auf das Umweltzentrum Heerser Mühle. Da ist von „tangiert“ bis „das Areal der Heerser Mühle wird nicht bebaut“ alles dabei. Der Neubau der B239n – und das nicht allein während der jahrelangen Bauphase – wird das Ende des Umweltzentrums in seiner jetzigen Form bedeuten. Etwa ein Drittel der heutigen Fläche würde verloren gehen. Damit wäre eine nachhaltige Umweltbildungs- und Naturschutzarbeit hier nicht mehr möglich.
Die Gelegenheit sich vor der Entscheidung unvoreingenommen zu informieren wurde vertan.
Ausschließlich die Position von Strassen.NRW zu hören, ist nicht geeignet, sich ein realistisches und ausgewogenes Bild zur aktuellen Planung machen zu können. Der Verkehrsausschuss hat weder die Expertise von Umweltverbänden vor Ort eingeholt, noch den Rat der Landwirtschaft gesucht, die immer wieder den ungebremsten Flächenfraß in Deutschland kritisiert.
Um es überspitzt auszudrücken: Der Verkehrsausschuss hat sich von Straßenbauern über den Vorteil von Straßenbau informieren lassen und dann für Straßenbau plädiert.
Unseres Erachtens, ein fataler Beschluss dessen Folgen sich nachteilig für ganz Lippe auswirken werden und der gegen den Willen einer anwachsenden Zahl von Bürgern getroffen wurde. Vertrauen der Bevölkerung in die derzeitige Politik wird daraus nicht erwachsen.
Mit der diesjährigen Kommunalwahl haben die Bürger die Chance ein entsprechendes Zeichen zu setzen.